Unveröffentlichter Leserbrief zum Bericht «Zufrieden mit dem Bienenjahr» über die Hauptversammlung des Bienenzüchtervereins Appenzeller Hinterland in der Appenzeller Zeitung vom 14.12.2023

«Hoptsach de Hungchessel isch voll»

Wir wissen aus guter und fundierter Forschung, dass die Nektar- und Pollenmenge, die ein einziges Honigbienenvolk pro Saison aus unserer Landschaft sammelt, für die Entwicklung von über Hunderttausend Wildbienen reichen würde. Wir wissen auch, dass Honigbienen nur im Verbund mit anderen Bestäuberinsekten ihre faszinierenden Bestäubungsleistungen am Besten erbringen können. Wir wissen ebenfalls, dass Honigbienenvölker in den dünnwandigen Kästen und Kisten rund 12x mehr Futter nur für ihren Grundumsatz brauchen, verglichen mit Kolonien in natürlichen Baumhöhlen oder gut gebauten Nisthilfen. Das bedeutet, dass rund 90% der immer knapper werdenden Nektar- und Pollenvorkommen aufgrund der praktizierten Haltungsbedingungen verschwendet werden und in der Landschaft für alle anderen Bestäuber fehlen. Und wir wissen, dass die Honigbienenvölker jedes Jahr nach der Honigernte – in „schlechten Jahren“ auch im Frühling – mit Zuckersirup, respektive Futterteig „gefüttert“ werden, damit sie nicht verhungern.
Die modernen Imkermethoden – als „gute imkerliche Praxis“ benannt – können beim besten Willen weder als natürlich, naturnah noch in irgendeiner Form „biodiverstätsfördernd“ bezeichnet werden. Was wäre, wenn wir erkennen würden, dass Honig mit Methoden der intensiven Massentierhaltung produziert wird und nichts anderes ist, als süsses, ins Glas umgeleitetes Artensterben?
Emanuel Hörler / Rehetobel